Moneycoach, Finanzfluss, madamemoneypenny, Investmentpunk, Finanzhacker oder Dividendenbackpacker.
11.07.2025
Wem all diese Namen nichts sagen, der gehört offensichtlich nicht zu den Millionen Deutschen die sogenannten „Finfluencern“ auf sozialen Netzwerken folgen. Der Begriff Finfluencer bezeichnet Influencer, die sich mit Finanzanlagen und Finanzdienstleistungen beschäftigen und Geldanlagetipps veröffentlichen. Allein die zehn erfolgreichsten Finfluencer versammeln auf Instagram über 2 Millionen Follower hinter sich. In den sozialen Medien boomen Posts und Beiträge mit Anlageempfehlungen.
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Reichweite & Risiko
Influencer sind zu einer festen Größe in der Marketing-Welt geworden, die im Vergleich zu konventionellen Werbemethoden eine schier unfassbare mediale Reichweite erzeugen können. Für werbetreibende Unternehmen bieten Influencer daher ein enormes Potenzial, um bestehende oder zukünftigen Kunden zu erreichen und anzusprechen.
Längst haben auch die Gerichte erkannt, dass in dieser neuartigen Art der werbenden Kommunikation Gefahren für Verbraucher lauern und greifen durch. So hat u.a. die Frage um die Kennzeichnungspflicht als „Werbung“ die deutschen Gerichte bereits mehrfach beschäftigt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 90/20 (Influencer I), Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 125/20 (Influencer II), Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2021, Az. I ZR 126/20 (Influencer III)).
Längst werden in den sozialen Medien aber nicht mehr nur Beautyartikel und Urlaubsschnäppchen beworben, sondern auch handfeste Finanzprodukte. Dabei richten sich Finfluencer insbesondere an eine junge und tendenziell eher unerfahrene Zielgruppe, die in den sozialen Medien besonders aktiv unterwegs ist und sich dort über aktuelle Anlagetipps informiert.
Doch wer als Finfluencer tätig wird, unterliegt strengen Auflagen und Vorschriften. Und auch Verbraucher*innen, die ihre Anlageentscheidung auf Informationen aus den sozialen Netzwerken stützen, sollten kritisch prüfen, ob der Tippgeber selbst und die verheißungsvollen Anlagetipps tatsächlich so seriös sind.
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Erlaubnispflicht
Grundsätzlich sind Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 S. 2 KWG) und Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a S. 2 KWG) in Deutschland verboten, vgl. § 32 Abs. 1 KWG. Erlaubt sind sie nur, wenn und soweit eine Erlaubnis der zuständigen Bankenaufsichtsbehörde nach dem Kreditwesengesetz (KWG) vorliegt. Es droht eine Strafbarkeit von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, wenn ohne die erforderliche Erlaubnis der Aufsichtsbehörde Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen erbracht werden.
In der Praxis spielen die größte Rolle die ohne Erlaubnis betriebene „Anlagenvermittlung“ (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG) oder die erlaubniswidrige „Anlageberatung“ (§ 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1a KWG).
In Fällen der Anlagenvermittlung übt der Finfluencer eine Vermittlertätigkeit aus und leitet den Kauf- oder Verkaufswunsch des Anlegers an denjenigen weiter, der mit dem Anleger ein solches Geschäft betreiben will. Für eine solche Anlagenvermittlung kann es genügen, wenn die Finfluencer ihre Beiträge und Videos mit Links zu Anlageberatern versehen, mit denen sie kooperieren.
Eine „Anlageberatung“ liegt vor, wenn dem Anleger persönliche Empfehlungen gegeben werden, die – so die Voraussetzung des Gesetzes – auf „eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird.“
Auch hier besteht ein Risiko für Finfluencer, wenn diese ihre Finanztipps an den persönlichen Umständen ihrer Follower orientieren (Bsp: „Geeignet für alle Ärzte zwischen 35 und 40 Jahren mit mehr als 80.000 Jahresbrutto.“).
Eine für Finfluencer wichtige Einschränkung enthält das Gesetz zwar dadurch, dass Finanztipps dann keine Anlageberatung darstellen, wenn sie „nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben“ werden.
Allerdings kann der Fall dann schon wieder anders liegen, wenn die Finanztipps in geschlossenen Chat-Gruppen oder über private Nachrichten im sozialen Netzwerk ausgetauscht werden.
Ob Finfluencer durch Ihr Handeln erlaubnispflichtige Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen anbieten, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls und muss gründlich geprüft werden, um einem Strafbarkeitsrisiko zu entgehen. Die Aufsichtsbehörden und Staatsanwaltschaften verfolgen Straftaten aus diesem Bereich aufgrund des hohen Guts des Anlegerschutzes erfahrungsgemäß besonders nachdrücklich.
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Marktmissbrauch
Neben einer Erlaubnispflicht für bestimmte Geschäfte, sind Finfluencer auch von den Pflichten nach der europarechtlichen Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) betroffen.
Um Lücken im Anlegerschutz zu schließen, zielt die MMVO explizit auf „Empfehlungen oder Vorschläge zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit vorgesehen sind“. Anders als für die Anlageberatung, bedarf es hierbei eines individuellen Einschlags also gerade nicht.
Erfahrungsgemäß unterfallen ein Großteil der harmlos erscheinenden Anlageempfehlungen auf Instagram, TikTok und YouTube der MMVO und lösen damit bußgeldbewehrte Pflichten für die Finfluencer aus.
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Transparenzpflichten
Wer Anlageempfehlungen im Sinne der MMVO abgibt, hat sich an die Anforderungen zu halten, die Art. 20 MMVO dem entsprechenden Personenkreis auferlegt. Danach ist in angemessener Weise dafür Sorge zu tragen, das Informationen objektiv dargestellt werden (Objektivität) und Interessen oder Interessenskonflikte hinsichtlich der empfohlenen Finanzinstrumente offengelegt werden (Transparenz).
Zudem besteht die Pflicht weitgehende Angaben zur Identität derjenigen zu machen, die die Empfehlung abgeben, wie auch jener, die an der Erstellung der Empfehlung mitgearbeitet haben oder zu denen insoweit eine Kooperation besteht.
Auch inhaltliche Anforderungen legt die MMVO den Finfluencern auf, indem u.a. sichergestellt werden muss, dass Tatsachen von bloßen Mutmaßungen klar unterschieden werden, alle Informationsquellen klar und unmissverständlich sind, ebenso Prognosen als solche gekennzeichnet werden u.V.m. Die Informationspflichten zur Objektivität sind umfangreich und sind stark vom Einzefall abhängig.
Wer diesen Pflichten nicht nachkommt, riskiert eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro pro Verstoß.
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Verbraucherrisiken
Doch nicht nur für Finfluencer selbst, sondern auch für die angesprochenen Verbraucher*innen bestehen Risiken, wenn sie ihre Anlageentscheidung anhand von Informationen treffen, die sie in den sozialen Medien finden. Schnell besteht die Gefahr auf einen selbsternannten Experten reinzufallen. Anleger sollten prüfen, mit wem sie es zu tun haben und worauf sich das behauptete Fachwissen des Finfluencers gründet. Auch sollte man sich nicht von vielen Likes und Kommentaren blenden lassen. Nicht nur sind diese Werte leicht zu manipulieren, sondern lassen auch keinen gesicherten Rückschluss auf die Qualität der Empfehlung zu. Dem Herdentrieb zu vertrauen kann trügerisch sein.
Besonders gefährlich und für den Verbraucher im Grunde nicht zu durchschauen sind spezielle Betrugsmaschen des Kapitalmarkts. Unseriöse Akteure können den Kurs und Preis eines Finanzinstruments durch das sog. Scalping so dramatisch beeinflussen, dass alle Anleger ihr komplettes Investment verlieren können.
Beim Scalping werden Kaufempfehlungen für Wertpapiere abgegeben, wobei der Empfehlende selbst das Wertpapier kurz zuvor erworben hat, um die nach der Empfehlung eintretende Kurssteigerung durch die Veräußerung der eigenen Wertpapiere gewinnbringend zu nutzen. Erst durch die falschen Anlagetipps steigt die Nachfrage nach den Wertpapieren, wodurch wiederum der Kurspreis steigt. Der Tippgeber selbst hält große Anteile dieser in Wahrheit wertlosen Wertpapiere und verbreitet seine Anlagetipps in der alleinigen Absicht von den Kursgewinnen zu profitieren. Hat der Kurs den gewünschten Preis erreicht, stößt der Tippgeber all seine Anteile mit hohen Gewinnen ab. Hierdurch fällt der Kurs in aller Regel massiv ab, oftmals so weit, dass sämtliche andere Anleger ihr Geld verlieren.
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Haftung & Hilfe
Wer seinen Followern als professioneller Influencer auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. Tipps für Geldanalgen gibt, sollte sich mit den regulatorischen Anforderungen genau auseinandersetzen, um Haftung und Bußgelder zu vermeiden. Besonderes Augenmerk sollte stets auf größtmögliche Transparenz gelegt werden. Zudem sind allgemeine werberechtliche Vorgaben zu beachten.
Ist Anlegern durch rechtswidrige Anlageberatung ein Schaden entstanden oder sind sie gar Opfer eines Betrugs geworden, so kann diesen zivilrechtlich ein Schadensersatzanspruch zustehen. Für Finfluencer widerum droht hier ein enormes Haftungsrisiko
Wer Opfer verheißungvoller Anpreisungen in sozialen Medien geworden ist, sollte sich unverzüglich anwaltliche Unterstützung suchen, um den meist sehr komplexen Sachverhalt erfolgreich zur Anzeige zu bringen. Finfluencer sind gut damit beraten sich eingehend mit den strafrechtlichen und zivilrechtlichen Risiken ihrer vermeintlich harmlosen Finanzberatung zu befassen, bevor sie das nächste Mal den Aufnahme-Button drücken.