Wenn Likes zu Lasten werden:
Influencer im Visier der Steuerfahndung.

20.07.2025

Influencer stehen im Verdacht, in erheblichem Umfang Steuern hinterzogen zu haben. Ausgelöst wurde die Welle von Ermittlungen durch die Mitteilung des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW (LBF) vom 15. Juli 2025. Die Zahlen sind brisant: Rund 6.000 Datensätze wurden von Plattformen wie Instagram und TikTok gesichert, das mutmaßlich hinterzogene Steuervolumen wird auf 300 Millionen Euro geschätzt. Ein eigens eingerichtetes „Influencer-Team“ konzentriert sich auf Fälle mit Fehlbeträgen im sechs- bis siebenstelligen Bereich. Die ersten Steuerstrafverfahren wurden bereits eingeleitet.

01

Steuerpflichten für Content Creator

Influencer erzielen Einkünfte durch Werbeposts, Abonnements, bezahlte Produktplatzierungen oder Abo-Modelle – vielfach steuerpflichtige Einnahmen. Gemäß § 2 EStG fallen darunter alle steuerbaren Einkunftsarten. Dabei kommt es nicht nur auf Geldzahlungen an: Auch Sachzuwendungen wie Designermode, Hotelaufenthalte oder Einladungen zu Events können steuerlich relevant sein. Werden diese Leistungen nicht ordnungsgemäß angegeben, besteht der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung.
Relevant sind insbesondere die Einkommensteuer (§ 1 EStG), die Umsatzsteuer (§ 1 UStG) und ggf. die Gewerbesteuer (§ 2 GewStG). Wer im Kalenderjahr den Grundfreibetrag von derzeit 12.096 Euro (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) überschreitet, ist einkommensteuerpflichtig. Die Umsatzsteuerpflicht greift bei nachhaltiger, unternehmerischer Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 UStG). Die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG kann unter bestimmten Voraussetzungen greifen, nicht jedoch bei größeren Kooperationen.
Besonders problematisch sind sogenannte Barter-Deals, bei denen Influencer z.B. ein Smartphone oder Designerhandtaschen erhalten, ohne dafür Geld zu bekommen. Diese Leistungen stellen Betriebseinnahmen gemäß § 8 Abs. 2 EStG dar und sind zudem umsatzsteuerpflichtig, da ein tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 UStG vorliegt.

02

Steuerhinterziehung nach § 370 AO

Wird eine Steuererklärung unvollständig oder unrichtig abgegeben oder gänzlich unterlassen, liegt nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO der Verdacht einer Steuerhinterziehung vor. Der Strafrahmen reicht bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe im besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 AO). Selbst leichtfertiges Handeln kann als Ordnungswidrigkeit gemäß § 378 AO verfolgt werden.
Wer Steuern hinterzogen hat, kann durch eine Selbstanzeige nach § 371 AO straffrei bleiben – vorausgesetzt, diese erfolgt rechtzeitig, vollständig und korrekt. Eine nachträgliche Korrektur ist ausgeschlossen. Sobald die Tat entdeckt wurde, etwa durch Auswertung der sichergestellten Daten, ist eine strafbefreiende Wirkung ausgeschlossen. Daher ist schnelles Handeln unerlässlich.

03

Ermittlungsdruck und Konsequenzen

Ermittlungen im Steuerstrafrecht sind kein Papiertiger. Hausdurchsuchungen gemäß § 102 StPO, Beschlagnahmen nach § 94 StPO und Auswertungen digitaler Inhalte sind Standard. Influencer müssen damit rechnen, dass Smartphones, Laptops und sogar Social-Media-Accounts beschlagnahmt werden. Die jüngste Entscheidung des BGH (Beschluss vom 13.3.2025, Az. 2 StR 232/24) erlaubt es sogar, das Entsperren von Mobilgeräten per Fingerabdruck zu erzwingen – trotz verfassungsrechtlicher Bedenken.
Die berufliche Existenz ist schnell bedroht: Ohne Zugang zu Accounts und Geräten können Kooperationen platzen, Follower abspringen und Werbeeinnahmen wegbrechen. Dabei gilt: Auch wer im Ausland lebt, etwa in Dubai, ist nicht automatisch steuerfrei. Ein Wohnsitz oder wirtschaftlicher Mittelpunkt in Deutschland genügt, um hier steuerpflichtig zu sein (§ 1 EStG).
Fazit
Influencer, die steuerlich unsauber arbeiten, geraten zunehmend ins Visier der Steuerfahndung. Die Verfahren sind ernst zu nehmen, denn sie greifen tief in das Privat- und Berufsleben ein. Wer betroffen ist, sollte sofort steuerstrafrechtliche Beratung in Anspruch nehmen – idealerweise durch eine Kanzlei mit Expertise im Steuer- und Strafrecht. Denn ob durch Selbstanzeige oder strategische Verteidigung: Die erste Reaktion entscheidet häufig über den weiteren Verlauf.

Marco Succu

Influencing ist ein Geschäft – behandeln Sie es steuerlich genauso. Machen Sie jetzt Kassensturz: alle Geld- und Sachleistungen erfassen, Barter zum Marktwert bewerten, Umsatzsteuer prüfen und private von geschäftlichen Strömen trennen – und gegenüber Behörden nichts erklären, bevor Sie beraten sind. Sind Fehler passiert, ist die sauber vorbereitete Selbstanzeige nach § 371 AO oft der wirksamste Weg, Ermittlungen und Strafen zu begrenzen.“

ZUrück zu allen Beiträgen